Freitag, 2. April 2010

Ostern mit Spiegeleiern

34° sind auf der Messlatte zu entnehmen und das ist schon mal echtes FlipFlop-Wetter mit Schlabberhose und kaum T-Shirt. Nicht so hier. Ich laufe in einer langen schwarzen Hose rum und mit schwerem Equipment. Heute sehe ich einen Bodybuilding Contest. Nachdem ich schon gestern ins absolut tiefste Kairo geraten bin, soll es heute ähnlich werden, ich komme echt rein und ran! Ich befinde mich im islamischen Viertel.
Gestern also treffe ich mich erneut mit Denis Dailleux und wir tauchen ein ins Verborgene Kairo. Die schmalsten Gassen, die tiefsten Häuserschluchten mit Winkeln und Gassen. Das Licht ist fantastisch, natürlich dunkel, aber wenn es aus den Ritzen spielt und die Szenerie eintunkt in eine Atmosphäre aus Realitäten der Arbeitswelt, Lebensweisen und Lebenswegen, denn alles trifft hier zusammen. Mir wird erst jetzt bewusst, dass der Blech-Polierer, den ich neulich fotografiert habe, nicht alt werden wird, denn er atmet den ganzen Tag diesen heftig silbrigen Feinstaub. Mundschutz ist nicht. Und so geht es wohl auch vielen anderen Arbeitern, die mit ätzenden Flüssigkeiten rumhantieren und Dämpfe und Stäube atmen. Auf den Straßen selbst bekommt man auch kaum noch Luft, der Smog ist so heftig, dass die Sonne nicht  am Horizont sondern irgendwann im grauen Dunst untergeht.
Es wird hoffentlich viele überraschende Bilder des Viertels geben, welches zum alten Kairo gehört, sich abgrenzt von einer neu begradigten Touristenmeile. Jedenfalls rede ich viel mit Händen und Füßen und ich bekomme immer einen Tee. Die Messchen sind genauso neugierig auf mich wie ich auf sie. Und auch wenn kein Abbild zu machen ist, lassen sich die meisten sehr gerne fotografieren.
Mittlerweile laufe und fotografiere ich zwischen 7 und 12 Stunden täglich. Meine Füße schmerzen, aber ich bin ein bisschen besessen, seit dem ich merke, dass ein Kontakt durch einen anderen entsteht und ich mich einfach, wenn ich nichts Konkretes habe, treiben lasse. Die Kontakte stehen allerdings nach wie vor, vor dem Foto.
Heute bin ich mal einfach zu einem Body Building Contest gegangen, in der Nähe der Metro-Station Saray El-Qobba im Norden. Das war sehr irre. Erst steht man abseits und plötzlich wird man in die erste Reihe gebeten und auch Backstage zum Einölen und Pumpen und Posen durfte ich fotografieren, also gibt es auch ein paar Muckimann-Bilder. Was mich daran interessiert hat war, wie sie sich präsentieren, denn nachdem sich in den letzten 10 Jahren immer mehr Frauen verschleiern (aus eigenem Antrieb, Glauben oder Druck von außen sei dahingestellt) oder wenigstens ein Kopftuch tragen ist es bei den Männern ähnlich. Man(n) zeigt keine Haut, die Arme ja, die Hände und Füße auch aber man sieht auch bei der Affenhitze niemals einen freien Oberkörper. Die Bodybuilding Show läuft natürlich so ab, wie man das erwartet, viel Körper, viel Haut, allerdings ist der Rahmen sehr witzig. Die Herren stehen auf Teppichen auf der Bühne.
Nach Stunden fahre ich noch auf einen städtisch angelegten Park, dem Al Azhar Park der eine ehemalige Müllkippe ist. Hier prallen schon bei der Skyline Welten aufeinander. Da muss ich auch wieder hin zum Fotografieren. Damen sitzen in der Sonne auf einer Decke, aber nicht mit Hijab, was der Schleier oder das Kopftuch ist sondern in kompletter schwarzer Niqab mit Handschuhen.
Morgen Abend kommen endlich meine ersten Filme zurück, dann gibt’s was zu sehen.

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