Dienstag, 1. Juni 2010

Die Staubzentrifuge

Die Derwische, die gestern sah, tanzen und musizieren in der Nähe des Khan el-Khalili. Das Gebäude Wekalet El-Ghouri Kunst Center ist auch ohne Bühne sehenswert, denn es ist voller Maschrabija, die ich ja so liebe. Die Spiel-/Tanztruppe hieß Al-Tannoura Traditional Group und der Eintritt ist frei (Sa, Mo, Mi). Die Musik war live und der Tanz natürlich auch. So touristenoriginal wie es nur geht.
Die Show fängt ruhig an mit Trommlern und dann kommen die Tänzer dazu. Sie tragen zunächst schwarz, was sie aber ablegen. Der Tanz ist noch verhalten und sie schreiten über die Bühne. Das Ablegen der schwarzen Kleidung verheißt ‚Die Auferstehung nach dem Tod‘ und dann kommen aber auch prachtvollere Farben zum Vorschein. Der Tanz verteilt sich nun über den ganzen Raum, vorstellen kann man sich das von der Parallelität der Bewegungen zum Teil wie beim Squaredance.
Die rechte Hand empfängt von Gott und die Rechte ist der Sender der an das Volk weitergibt. Der selbstlose Derwisch ist ein Transmitter, der nur weiterleitet. Die folgenden Tänzer haben auch mehr Rockscheiben um den Bauch gebunden und sie gehen so im Wirbel durch Metamorphosen. Eine bunte und auch angenehmerweise windige Angelegenheit, denn die Luft steht bislang im Raum.
Die Hauptattraktion sind natürlich die sehr bunten Derwische die sich nur noch um sich selbst drehen und das tun sie dann bis zu 35 Minuten am Stück, danach wirkt aber auch das Lächeln des Tänzers etwas zentrifugiert. Sie konzentrieren sich dabei nur noch auf die Verbundenheit mit Gott.
Der Staub wirbelt, als dann drei Tänzer mit ihren bunten Scheibenröcken die Bühne ordentlich blankpolieren. Die Rohrflöten sind auf Dauer ein kleines bisschen schmerzhaft aber das mag auch an meinem Sitzplatz in der ersten Reihe liegen. Später erfahre ich, dass diese Flöten auch für den Schmerz der Seele, die sich nach Hause sehnt, stehen. Also liege ich ja nicht ganz falsch. Die Musik wird zunehmend hypnotisierend, die Tänzer wirbeln was das Zeug hält ihre konischen Hüte sehen aus wie Pucks auf Platentellern. Nachdem sie dann alle ihre ‚Scheiben‘ abgelegt haben nähert sich das Event nach ziemlich genau 90 Minuten dem Ende. Die Menschen klatschen euphorisch und Schluß.
Das in das Gebäude gelangen war auch sehr spannend, denn ich kam natürlich mit Kamera und sie haben das Filmen verboten aber das Fotografieren erlaubt, also wie sieht so eine Mamiya Kamera wohl aus? Und als das geklärt war gab es richtig Stress um meinen Belichtungsmesser, den haben sie weder verstanden noch konnte ich das Gerät auf Arabisch erklären. Also haben erstmal alle daran rumgefummelt bis sie dann behauptet haben, dass das Ding okay sei.

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