Mittwoch, 28. April 2010

Bilder der Umgebung II






Teil III der neuen Familie


 
Ausblick vom Jungenschlafzimmer

Wir kommen in die Wohnung, die wie ein Schlauch in einem Mehrfamilienhaus liegt mit genug Räumen um die Familie schlaftechnisch voneinander zu trennen. Es gibt eine große Küche, einen riesigen Wohnraum, der sich schwer durch sein Ambiente durch die ganze Wohnung zieht, angehangen liegen das Mädchenschlafzimmer das Elternschlafzimmer und dahinter das Jungenschlafzimmer mit einem Balkon. Ich werde beim Eintreten direkt ins Jungenschalfzimmer geschleust und bekomme so gar keine weiblichen Familienmitglieder zu sehen. Auch wird dann das Essen zu dem ich ja geladen bin getrennt voneinander eingenommen. Es wird ein Tisch zwischen zwei Betten aufgestellt und wir spachteln die Köstlichkeiten hinein. Es gibt Köfte und Blätterteig mit Hack und Kartoffelpüreeauflauf mit Fleisch und Fritten. Sehr fleischlastig heute, aber ich schätze ich bin der Grund. Ein Freund vom Bruder von Ahmed ist auch noch dabei und so sitzen wir vier also dort und versuchen uns zu unterhalten und ich bin mal locker eben 15 Jahre älter als der Älteste hier.  Der Bruder geht zur Armee und ist dort in seinem letzten Monat. Er hat mit zwei Kollegen ein Büro gemietet, von wo sie Party-Service von Ballonzauber bis DJ anbieten. Ich schaue mir dann Bilder über bezaubernde Ballonbezauberungen an.
Nach dem Essen gehen wir zum Balkon und ich rauche eine Zigarette, dann kommt die Mama und bringt den Nachtisch, einen Milchreis mit Rosinen. Ich stelle mich nun vor, die Mädchen hinter der Mama die Jungs hinter mir und ich übergebe mein Geschenk und lasse sie wissen, wie gut es mir geschmeckt hat und wie sehr ich ihre Familie schätze. Hinter ihrem Schleier glitzern lustige Augen und die sind auch an ihren Kindern wiederzuerkennen. Also es gibt Ahmed, 19 und den älteren Bruder, 23 und die Schwester, die 15 ist und die Kleinste ist gerade mal 8 oder 9. Der Papa ist arbeiten.
Die kleine Selma springt dann irgendwann auch mit dem Schokokonfekt durch die Wohnung und findet das alles aufregend heute – so wie ich. Nach dem Milchreis sind wir pappsatt und ich erfahre, dass ich jetzt Teil der Familie bin.
Der Aufbruch in das Büro des Bruders. Wir sehen uns das Büro des Bruders an, ich bekomme Mickey Mouse Köpfe und riesige anziehbare Kostüme zu sehen, die dazu da sind Kindergeburtstage auszurichten. Es gibt einen richtigen Fundus. Ein weiter Raum ist voller Ballons in allen Farben und Formen und wir spielen Gewichtheben mit aufgeblasenen Ballons. Nachdem wir eine Weile dort verbracht haben und immer mehr Leute dazugekommen sind, alle ganz zufällig eingetroffen, verlassen wir die Büroräume und gehen zu einem Café in der Nähe eines Busbahnhofes. Dort kramen wir uns Stühle zusammen auf einem Stück Wiese und der Kellner kommt mit dem Tisch, so wie das eben üblich ist. Es dauert nicht lange da ist rum, dass ich nicht von hier bin und weitere Freunde der beiden Brüder kommen dazu – also alles doch nicht so ganz zufällig - und es wir eine große Runde. Wir reden mit Händen und Füßen und Ahmed muss die ganze Zeit Fragen übersetzen. Wir reden über die Armee und ob es Wüsten in Deutschland gibt. Nach einigen Tees verlasse ich dann die Runde und fahre mit einem Taxi zurück nach Hause. Man soll ja gehen wenn es am Schönsten ist. Ich falle ins Bett und bin hundemüde und total satt.

Balkon

Ota & die Goldinsel

Wir haben uns am Midan Tahrir verabredet und sind dann von dort aus mit der U-Bahn nach Maadi gefahren. Von Maadi läuft man dann 20 Minuten die Nil Corniche südwärts hinab, um zu einer Feluken-Anlegestelle zu kommen. Die nächste U-Bahn Station ist El-Zahraa. Von der Corniche setzt man also mit einer alten Holz-Feluke über zu einer der vielen Inseln im Nil, im Bereich Kairo gibt es vier, die aber nicht immer auf Karten verzeichnet sind. Ich kenne jetzt drei davon, wollte aber unbedingt schleunigst zu dieser, sie heißt Gezirette Dahab (Goldinsel) und wahlweise Mouneeb. Um sie gibt es Geheimnisse und wenn man einen Kaireener fragt wo sie ist, dann bekommt man verschiedene Antworten bis hin zu: Nie gehört! Aber ich weiß, dass ich sie gesehen habe. Auf dem südlichsten Zipfel dieser sehr kleinen Insel stehen Pfeiler der Mouneeb Brücke die den Weg aus der Stadt heraus anbindet zu den Pyramiden. Beim vorbeifahren habe ich dort runter geschaut und es sah sehr ursprünglich und grün aus, rundherum an den gegenüberliegenden Nilufern allerdings sind Hochhäuser, also im doppelten Sinne eine Insel. Das reizte mich sehr einen erfolglosen Ausflug dahin zu starten, der ja auf dem halben Weg endete, denn es fing an zu regnen und nun habe ich Ahmed Ota, die Katze als Verstärkung, der gerne für die Übersetzung sorgt. In diesem Falle sogar auch im doppelten Sinne, also von einem Ufer ans andere und von Arabisch ins Englische.
Für 50 Piaster (etwa 8 Cent) lassen wir und in einer motorlosen Feluke rüberpusten und betreten das unbefestigte Ufer und wir werden von Ziegen begrüßt. Dann als nächstes kommt ein Mann um die Ecke auf dem Rücken eines Esels und so schnell kann ich die Kamera gar nicht startklar machen. Im Folgenden rennen die Esel immer nur durchs Bild mit Gepäck auf dem Rücken. Pferde, Gänse, Enten, Katzen, Hunde und Kühe kommen uns entgegen. Eine Insel der Landwirtschaft inmitten kaireener Hochhausgebäude, sehr skurril. Alle Karten einschließlich Google machen hier irgendwie schlapp. Nicht nur das man keine Straße sieht, denn es gibt ja keine, ergo kein Auto, auch befindet sich die Brücke zur Insel mal weiter im Süden, mal weiter im Norden, manchmal geht die Brücke über das Wasser ohne dass eine Insel zu sehen wäre. Vor 6 Jahren soll die Stadt die Stromversorgung gekappt haben, damit die Bewohner die Insel verlassen, denn sie ist ein Anwärter zur kompletten Umnutzung. Klar wäre das für Touristen toll auch noch von diesem naturbelassenen Stückchen Erde aus einem 40 Stöckigen Hochhaus zu schauen. Unbegreiflich diese Pläne, aber alle Gerüchte sind nicht fundiert, es handelt sich bei meinem Wissen nur um Halbwissen.
Stromgeneratoren laufen aber vereinzelt und es gibt sogar Handel auf der Insel, zwei kleine Einkaufsläden, wo man das nötigste bekommen kann. Und dann entdecke ich eine Stromleitung, also doch nicht alles so wahr,… es gibt auch Fernseher, die in den zum Teil aus Lehm, Kuhfladen und Holzbrettern gebauten Häusern flimmern.
Auf den Flächen wächst zumeist Mais, zwischen den Maisreihen gedeihen Tomaten und eine mir unbekannte Grassorte, die wahrscheinlich für die Tiere gut ist. Zudem gibt es jede Menge Kräuter und Gemüsearten. Zwischen den Feldern sind kleine Kanäle angelegt, die den Boden zwischen den Feldstücken bewässern. Mädchen sitzen draußen und nutzen diese Kanäle auch zum Spülen des Geschirrs. An einem Ende der Insel sehe ich dann auch die Müllkippe des Orts: Der Nil selbst, vor meinen Augen entleert sich ein großer Eimer mit Speiseresten und die duftige Masse gesellt sich zu einer toten Katze deren Buckel unter der Wasseroberfläche schwimmt. Ich bin froh, dass es kein Pferd ist, das wäre nicht ungewöhnlich. Die Pferde werden dann unter der Brücke dressiert zu so einer Art Tanz. Tanzende Pferde scheinen hier beliebt zu sein und sie hüpfen ein bisschen dösig auf der Stelle angetrieben durch den Peitschenknall ihres Dresseurs. Die Ziegen und die Kühe scheinen hier neben den Kids noch das angenehmste Leben zu haben. Die Kids selber wollen in steilen Posen fotografiert werden oder spielen Fußball. Beliebt ist auch hier der Autoreifen, mit dem man eine Menge Spaß haben kann. Jedoch uns folgen die Kinder an dieser Stelle nicht. Auch die Erwachsenen beäugen uns nur aus den Augenwinkeln. Man traut uns hier nicht, wir gehören hier nicht her, das spürt man und es ist auch nicht schlimm. Die Kinder die dann Richtung 13/14 Jahren sind packen schon auch kräftig mit an. Sie reiten die Esel oder dressieren die Tiere, ernten und pflanzen. Sie sind schon kleine Erwachsene die Verantwortung tragen. Allerdings in Frischluftatmosphäre und nicht wie die Kinder aus anderen Vierteln, die ich sah, die Blechnäpfe polieren und somit tagsüber im Dunkel leben. Klingt hoffentlich nicht wertend, denn mir steht es nicht zu das zu verurteilen, auch wenn ich mir eine bessere bzw. überhaupt eine Bildung für sie wünschen würde.
Aber zurück zur Insel. Unter der riesigen Betonbrücke lebt ein Mann in einem Haus und das ist so groß wie das Nicolaus-Haus. Also etwa 2qm. Da hat der Mann sein Quartier und er schaut mich an beim nähertreten und ich gebe zu verstehen, dass ich ihn fotografieren möchte und er nickt und mag das scheinbar. Ich verspreche Bilder zu bringen, wenn er das möchte und er nickt erneut.
An einer Uferseite zimmern mehrere Leute an einem alten Kahn rum, ein Fischereischiff, denn der Fischfang steht hier auch ganz hoch auf der Liste, neben Anglern und Netzauswerfern kann man eben auch Boot die Netze aufziehen beobachten. Der alte Kutter wird sicher wieder fit gemacht, dazu haben die Ägypter zu viel Training auf der Straße mit den Autos, die aus schätzungsweise sieben Jahrzehnten stammen. So viele VW Käfer sieht man sonst vielleicht noch in Mexico. Alle kleine Kutschen werden ständig und an fast jeder Straßenecke repariert, nicht dass es dafür auch ganze Viertel gäbe. Die Autos haben hier noch etwas mit Mechanik zu tun, man Probleme eben auch einfach beheben.
Von der Brücke über der Gezirette hängt ein Seil und an ihm befindet sich ein Korb, hier werden Dinge vom Festland kurzerhand transportiert.
Auf dem Rückweg eröffnet mir Ahmed dann, dass wir uns etwas beeilen müssen, denn seine Mutter und seine Familie erwarten uns zum Essen. Ahmeds Magen knurrt bei dem Gedanken und wir nehmen die Fähre zurück, müssen noch am Kodakladen vorbei um meine neuen Bilder abzuholen und Ahmed sieht sich darauf. Dann muss ich leider nochmals um einen kleinen Umweg betteln, denn bei so einer Einladung kommt man ja nicht mit leeren Händen an. In Ägypten bringt man statt Wein und Blumen besser Obst und Schokolade mit, also gehen wir zu einem der besten Süßigkeitenhersteller am Talat Harb und ich kaufe ein Kilo Schokopralinen in einem hübschen Karton, kitschig verpackt, wie das eben so sein muss.

Teil III folgt morgen ich bin jetzt zu müde.

Ota II

Wow, bald Halbzeit. Erschreckend, wie schnell man in neue Strukturen finden kann. Man durchlebt angeblich drei Phasen in Kairo. Die erste euphorische Phase bedeutet wohl etwas wie Urlaub, die Psyche nimmt wahr, dass es eine Umstellung gibt. Urlaub vom eigentlichen Leben. Man findet alles prima und schön und alles schmeckt besser und duftet gut.
Die zweite Phase besagt wohl Depression. Die fehlte mir bis jetzt komplett. Es gab Tage an denen fühlte man sich unbehaglicher, aber nicht aus einem Gefühl der Angst, resultierend aus was für Gründen auch immer, oder aus Langeweile oder Heimweh, sondern eher weil man für Kontakte echt richtig viel Zeit investieren muss und wenn man nicht am Ball bleibt, dann ist man gar nicht da. Aber jetzt werde ich selbstlos beachtet, dazu später mehr.
Also kommt jetzt schon die dritte Phase oder stecke ich noch wo fest. Keine Ahnung, denn die dritte Phase ist die Gewöhnung. Ja, die gibt es. Ich kenne jetzt mein näheres Umfeld ganz gut, kann den Bawaab adäquat auf Arabisch Grüßen und die Zigarettenfrau an der Ecke weiß was ich will, viele winken in der Straße, wenn ich vorbei gehe. Der Apothekerjunge grinst immer und die Leute von gegenüber die den ganzen Tag auf der Straße sitzen freuen sich auch immer, wenn der Mann mit dem Rucksack vorbeiläuft und winkt. Die Routine verschlägt mich also jetzt in abgelegene Ecken, die ich eher nicht kenne. Aber auch hier ergibt sich langsam ein Gesamtbild von einem großen Kairo. Die Synapsen knacken.
Die Routine lässt mich Vorlieben haben, zum Thema Essen und Trinken, Entspannen und ich bin ja sogar in einer Muckibude hier eingeschrieben, mein einziger Luxus. Das glaubt mir wieder keiner, ich weiß, aber ich bin von Taxi auf die weitentfernte Metro umgestiegen und dazu gab‘s dann heute einen Bimsstein um die Male der ganzen Lauferei zu reduzieren.
So nun aber mal zu meiner neuen Familie: Ich habe ja schon von der Katze berichtet und hier auch mal ein Foto zum richtigen Zeitpunkt. Er ist also der junge Mann, der mich neulich eingeladen hat und dessen Vater ich getroffen habe und dessen Mutter Essen ich gegessen habe.



Teil zwei folgt nach einer kleinen Zigarettenpause...

Dienstag, 27. April 2010

Bilder Teil 1

Heute mal etwas aus meiner direkten Umgebung


Montag, 26. April 2010

Für die Katz!

Eine PC-Arzt-Praxis

Samstag
Ich sitze gerade mitten in einer großen Saubermach- und Toilettenpömpelaktion. Ein bisschen komisch fühlt es sich schon an, nur darin zu sitzen und selber nix dabei zu tun, als darüber zu schreiben. Es ist der umfangreiche Putztag heute. Allen Böden, allem Staub, allen Flächen und Wäsche geht es an den Kragen. Das macht die Tochter des Bawaabs hier mit einer anderen Verwandten. Nach der Aktion findet man meistens nichts wieder, denn sie räumen auch nach ihren Vorstellungen auf. Das Gepömpel, wegen des Klos ist schon wieder beendet, auch hier muss man aufpassen, dass nicht eines der Handtücher in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Mädchen beachten mich entweder gar nicht oder grinsen.
Ich bereite gerade eine Karte vor, damit ich selbst sehe welche Teile ich schon von Kairo gesehen habe und wo ich noch einmal hinmuss um Bilder zu machen und welche Lichtstimmung für welchen Ort gut wäre. So viel Logistik, habe ich nicht erwartet, aber wenn man ein gutes exemplarisches Bild von dieser Stadt liefern will, muss man auch mal einfach Dinge abarbeiten.
Heute treffe ich mich wieder nach etwa 2 Wochen Pause mit dem französischen Fotografen Denis Dailleux.
Sonntag
Habe ich mich termintechnisch ziemlich verarschen lassen, also leider auf Leute verlassen, die nicht Wort halten können. Das ist nichts Ungewöhnliches in diesem Land, so sagt man, aber wenn es sich dann durch den ganzen Tag zieht, ist das auch mal frustrierend, immerhin hat es mich dann doch noch zu einem dreistündigen Spaziergang getrieben, der mich auch gleich Neues entdecken lies. Also nichts ist für die Katz.

Heute Montag treffe ich mich wieder mit der Katze, wir besuchen die dritte südlich gelegene Insel hier im Bereich Kairo. Darüber gibt es nachher viel zu sagen. Sie heißt nämlich Goldinsel ist aber von der Außenwelt komplett abgeschnitten. Ich berichte dann später. Um 19 Uhr bekomme ich auch wieder einen Rutsch neuer Bilder.

Donnerstag, 22. April 2010

Leider passen die Fotos...

nicht immer zu dem Geschriebenen, das liegt an der langen Entwicklungszeit der Filme. Ich hoffe das ist nicht so schlimm...

Al Ota

Die Katze (ota). Die Katze ist gerade mal 19 Jahre alt und ich habe sie, sagen wir besser ihn vor zwei Wochen auf dem Bodybuilding Wettbewerb Tag kennengelernt. Ota heißt Ahmed. Er war dort mit seinen Freunden, die an dem Wettbewerb auch teilgenommen haben. Er selber betreibt diesen Sport nur latent und war an diesem Tag Zuschauer wie ich. Er spricht englisch und konnte mir die ganze Zeit ein wenig erklären, war plötzlich da und ist nicht mehr von meiner Seite gewichen. Was nicht schlecht war, denn er hat mir eine Menge Leute vorgestellt. Am Abend fragte er noch ob ich zurück komme nach Kairo oder ob ich mit ihnen fahren wollte, ich lehnte dankend ab, was ein Fehler war, denn die Kupplung war ja später gerissen. Nun denn, Nummern getauscht und er lebt etwas außerhalb aber dennoch in Kairo sehr weit im Norden in Armeria City.
Heute haben wir uns getroffen und Ahmed hat mir Ahmed vorgestellt. Ein eher rundlicher junger Mann mit einem urigen Gemüt. Wir sind einige Zeit durch die Innenstadt gelaufen sprich Downtown haben natürlich Kosheri gegessen und sind dann per Mikro-Bus, Taxi und Bus weit raus gefahren, in eine Gegend, die spürbar immer noch Kairo ist, aber dennoch etwas ruhiger war. Man konnte einfach atmen. Ahmed Ota zeigte mir dann seine Gegend und witziger weise etwas, dass ich sowieso sehen wollte: Eine Spielbude. Also ein Ort wo sich die ganzen Kids zum Zocken treffen und zum Chatten. Sehr authentisch. Der Vorteil war, ich konnte die Menschen direkt kennenlernen, anstatt irgendwo komplett als Alien einzufallen. Es gab Tee. Superjungs. Ausnahmslos höflich, als ich erzähle, dass ich 39 Jahre bin, haben sie mich dann Mister Pancho genannt, was ich mal schnell wieder aufgehoben habe, aber das ist eben eine Höflichkeitsform.
Nach dem Tee sind wir dann zum rundlichen Ahmed gegangen, um mir sein Heim zu zeigen und mich seinem Bruder vorzustellen. Dann sind wir zu Ahmed Ota gegangen und ich hätte das Haus nicht verlassen dürfen ohne etwas zu essen, denn seine Mutter hat etwas vorbereitet, was ich unbedingt aufessen sollte. Sie selber war leider gar nicht anwesend, denn zu Besuch bei ihrer Schwester. Bohnen und Reis in Tomate. Den Vater habe ich vorher schon auf Zamalek kennengelernt, er kellnert in einem Café und er spricht auch englisch und Brocken deutsch. Alle lachen immer wenn ich hier anstatt Chai, Jensoon bestelle, das ist ein grüner Tee mit Anis und Fenchel. Den kennt man wohl nicht so, aber ich mag den lieber als das harte Teepulver. Im Winter trinkt man hier eine weiße dickliche süße Milchpampe mit Nüssen, das ist wirklich superlecker und macht sehr warm, es heißt in etwa Sahleb, sprich Sachlepp.
Nach dem Essen im Zimmer von Ahmed und seinem Bruder, der aber nicht da war, weil er zur Armee geht, haben wir mal ein bisschen gedaddelt (neudeutsch für Computerspielen) und uns gegenseitig Dinge im Internet gezeigt. Was man hier eben macht und wir haben uns nett unterhalten auf dem Balkon bis die Sonne unterging. Ich habe dann versprechen müssen, zurück zu kehren, um die Mama und die Schwestern kennenzulernen, wozu ich keinesfalls nein sagen würde, denn die Mama kocht gut und sie bastelt, was ich unbedingt fotografieren möchte. Es ist so, dass sie Dinge wie etwa den Wasserbeuler verschönt hat und aus dem Ding einen Riesenkopf mit Beinchen gemacht hat. Ich mache einige Fotos und als die Sonne gänzlich weg ist und das auch der Muezzin unterstreicht bringt mich die Katze zum Bahnhof, von wo aus ich ein Taxi nehme und bald wieder in Doqqi bin.
Beim Forschen wo ich eigentlich bin, merke ich dass alle Karten ebenso Google Maps schlapp machen. Ich weiß ich bin nördlich von Shubra. Weit nördlich und dann geht es noch am Nil entlang. Ich muss das mal genauer recherchieren, denn eigentlich habe ich auch eine Adresse und die sagt schon ziemlich genau Armeria City. Das Problem mit den lateinischen Beschriftungen ist, dass es diese eigentlich eher fantasiemäßig gibt. Wenn man das arabische Wort nimmt und das einen Engländer schreiben lässt, sieht das anders aus, als würde das ein Deutscher oder ein Franzose schreiben. Selbst das Wort Straße (Shari) schreibt sich gerne mal in nur einer Straße auf drei Schildern dreimal anders, etwa: Sharee, Schari, Shery oder sonstwie. Das trägt zur Verwirrung bei, deshalb merkt man ich allen Ernstes am Besten das arabische Wort, wenn es denn ein Straßenschild gibt. Meistens wenn man die City verlassen hat, verlassen einen auch die Schilder mit Straßen- oder Ortsteilnamen, dann verlässt einen die Orientierung und man ist verlassen. Jetzt gehe ich noch zum Sport und dann ein Bier trinken.
Ein toller Tag mit tollen Menschen. Bilder folgen.

Mittwoch, 21. April 2010

Die vergangenen Tage...

Natürlich ist das Mouled schon ein paar Tage her und seither gab es auch eine Menge Dinge die passiert sind. Am Dienstag habe ich mit Paul noch einmal versucht die Festivitäten zu besuchen aber das Zurechtfinden ohne Einheimische Hilfe ist erschwert und zudem war es viel zu voll auf den Straßen, so voll, dass man nicht mehr gehen konnte und selbst ein Taxi wäre nur ein Sitzplatz gewesen und kein Transportmittel.
Am Donnerstag habe ich mir Maadi bei Tageslicht angeschaut und habe dort ein paar Bilder gemacht. Ich bin von einem jungen Mann abgeholt worden, der sehr klug war und mir einige Denksportaufgaben gestellt hat. Er sagt z.B. er würde sein Land niemals verlassen wollen, weil er es sehr liebt und nur zu emigrieren, um Geld zu verdienen, fände er unfair, denn seine Ausbildung hätte er ja auch hier genossen und er wolle versuchen Teil einer Veränderung zu werden, um seinem Land besser dienen zu können und ihm im Endeffekt wieder auf die Sprünge zu helfen. Er ist sehr realistisch und weiß, dass das ein harter Kampf wird, aber er wolle es dennoch versuchen. Er hat sehr gemäßigte Ansichten und natürlich kommt auch er aus einer Schicht, wo er das Denken gelernt hat. Oftmals ist nicht das selbstständige Denken gefragt, sondern nur das Funktionieren. Er hofft auf die neuen Präsidentschaftswahlen, die in jedem Fall Ägypten verändern werden. So oder so.
Maadi also bei Tag und es gibt hier einiges zu sehen, es scheint gar nicht Kairo zu sein, denn man hat ob der Architektur oftmals den Gedanken man befindet sich in Südfrankreich oder der Toskana. Diese Gegend, die von vielen Amerikanern und Europäern bewohnt wird, zeigt auch eine modische Vielfalt, die ich hier so noch nicht bemerkt habe. Wenig Traditionelles, dafür viele Farben. Aber auch hier gibt es die weniger reichen Gegenden und es gibt die berühmten Ossmann Buildings, Hochhäuser direkt an der Nil-Corniche, von denen ich hoffentlich noch mehr berichten kann, erst einmal muss ich den Bawaab (Hausmeister) bestechen, damit ich dort rein darf. Eine eigentümliche Mischung dieses Maadi.
Auch ein gehobenes Eckchen ist Garden City. Direkt mittig gelegen vom Dreh- und Angelpunkt Kairos, ist nochmal etwas feiner und hat neben den ganzen Hotelresidenzen, die nilnah in den Himmel ragen auch sehr viele Botschaften und Regierungsgebäude. Nicht besonders spannend, aber für ein rundes Bild einen Gang wert.
Am Donnerstag verlasse ich mit Paul Kairo und wir nehmen den Zug nach Alexandria, der 2,5 Stunden Richtung Nordwesten fährt. Die 2. Klasse ist schon sehr komfortabel. Der Zug pünktlich. Das Ticket kostet E.G. 35,- etwa € 5,-. An Bord nur meine digitale Kamera, denn dies ist ein 3-Tagetrip zum Planschen.
In Alexandria angekommen nehmen wir ein Taxi nach Agamy, das eine halbe Stunde westlich von Alexandria liegt und einen schönen Strand haben soll. An einem anderen Abend haben wir einen deutschen Auswanderer getroffen, der dort lebt und dieser hat uns nun sein Chalet am Strand angeboten. Bis dorthin wusste ich nicht was ein Chalet ist. Aber auch sonst bezeichnet der Ägypter seine Wohnung als Villa, die Vorstellungen divergieren da etwas der deutschen gegenüber.
Tag eins Meer: Bounty-Reklame pur. Weißer Sand mit nur wenig Abfall durchzogen und das Meer ist türkis und nicht kalt und endlos, bis zum Petroleumhafen, wo die großen Tanker liegen. Es hat schon seinen sehr eigenen Charme, das meine ich nicht negativ, man sollte das echt gesehen haben.
Tag zwei: Nach einem kleinen Umtrunk in deutscher Gesellschaft und Einheimischen gehen Paul und ich zu Bett. Der Nächste Tag beginnt, wie der letzte, Strand, Sonne, Meer. Und genau aus diesem Grund reichen mir auch zwei Tage Strandurlaub, ich muss was sehen, ich muss mich bewegen und zwar weiter als von links nach rechts auf dem Badehandtuch. Wir brechen um 17 Uhr ab und nutzen die kleine graue Wolke um nach Alexandria zurückzufahren, um von dort aus ein Zug nach Kairo zu bekommen.
Aber mit Nichten! Der Zug sei ausgebucht oder vielleicht doch eine Möglichkeit erster Klasse zu fahren, gäbe es. Aber am anderen Schalter. Ich mach es kurz von 9 Schaltern haben wir 7 gesehen und haben nicht verstanden wieso wir so arrogant verarscht wurden. Zwei österreichische Ladies kommen uns zur Hilfe und beide sprechen sehr gut arabisch und auf einem tut sich doch noch die Möglichkeit auf, den Stanzapparat zu bewegen, den man für ein Ticket in Bewegung setzen muss. Na klar, es war nach 17 Uhr, die hatten einfach keinen Bock mehr und sagen dann, alles voll. Ein bisschen verständlich, wenn man hört was ein Bahnbediensteter verdient. Eine Auskunft darüber von welchem Gleis der Zug geht, bekommt man dann vom Station Manager, der aber gerade auf dem Tisch schlief! Und man soll ja keine schlafenden Hunde wecken. Im Zug angekommen fahren wir erster Klasse obschon wir nur zweite bezahlt haben und der Zug ist leer. Bis zur nächsten Station da füllt er sich dann etwas und wir brauchen dann am Ende über 4 Stunden, für eine Strecke die vorher nur 2,5 Stunden gedauert hat. Erklärungen gibt es keine.
In den folgenden Tagen sehe ich mir eine Zeitungsdruckerei an, in die ich rein stolpere, versuche mit meiner Möhrchenbringerin zur Insel D’Ab zu gelangen, wir scheitern aber an Unverständnis, Feluke statt Fähre, dann Wind und Regen, die Feluke bricht ab und wir sind nach 45 Minuten immer noch an der falschen Seite des Nils. Jetzt kenne ich wenigstens den Weg und bin in den nächsten Tagen dann wieder dort.
Bei Regen scheint hier alles hysterisch zu werden, naja eigentlich ist es wie in Deutschland wenn wir plötzlich Sahara-Sand abbekommen oder Schnee. Hier ist es dann etwas lustiger für so ein Thema wie Regen, was in meinem Leben ja Alltäglichkeitswert hat. Die Menschen hier verhalten sich fast hysterisch, rennen weg, Kinder hüpfen im Regen, Autofahrer suchen verzweifelt den Schalter für die Wischanlage und der Wischer schmiert, denn, meistens hat diese Wischanlage denn auch nur Wasser nötig, statt inne. Die Fahrbahnen werden rutschig bis glatt. Der feuchte Sand lässt die Autos über die Fahrbahn rutschen und alles gleicht noch mehr einer unendlich großen Autoscouter-Anlage.

Dienstag, 20. April 2010

In der Nähe des Talat Harb am Abend

Der lange Nagel am kleinen Finger des Ägypters.

Stark widersprüchliche Theorien besagen der lange Nagel am kleinen Finger macht den ganzen Mann aus, dann wieder, es sei ein Erkennungszeichen der Homosexuellen. Persönlich habe ich erfahren dass es sich um eine Unterschicht handelt, also ein Quasi-Prolet, eine andere Meinung ist, dass der Höhergestellte sein Reichtum damit zum Ausdruck bringt, er arbeitet nicht körperlich und zum Beweis sieht man dass der Nagel nicht bricht. Dann gibt es noch die alte Koks-Theorie, Nasen- & Ohrenreinigungstheorie, die Pimp, Rap & Cooliness-Theorie. Und jetzt ich: Da es in diesem Land sehr staubig ist und man immer schmutzige Finger hat, schneidet oder beißt man sich die Nägel kurz. Aber da man ja oftmals kleine Nahrungshappen zu sich nimmt, hat man auch gerne mal etwas in den Zahnzwischenräumen und da hilft die kleine spitze Schaufel um sich den Gümm aus den Zähnen zu puhlen. Da dieser sich also permanent in der Futterluke befindet bleibt er auch sauber. Bin ich gut?
Eine weitere Meinung werde ich mir noch einholen von einem sehr netten Taxifahrer der mich nächste Woche etwas fahren will und der hat an beiden Händen lange Nägel. Ich weiß, dass er sehr viel arbeitet und dass er in einer Mittelschichtwohnung wohnt in Shubra. Der nette Mensch heißt Karim, ist 27 Jahre und er spricht so sacht, wie er Taxi fährt, man fährt entschleunigt und bedächtig. Andere hupen, er ist die Ruhe selbst.

Sonntag, 18. April 2010

Mouled El-Hussein

Mit Taxifahreren soll man ja nicht über Politik oder Religion reden und genau in eine solche auch noch mit Stau unterlegte Begleitsituation musste ich geraten als ich auf dem Weg zum Mouled bin. Der Herr Taxifahrer sprach sehr gut englisch und konnte nicht genug Weisheiten über mich ergießen. Ich bin natürlich sehr interessiert an seiner Meinung zum Rauchen, über die Gottlosigkeit der Europäer und Amerikaner und ich höre mir abenteuerliche Geschichten an, mit denen er sein Wissen untermauert. Also in Deutschland sind ja alle sehr vernünftig und man darf nicht mehr Rauchen und wenn jemand raucht, darf man den mit Schuhen schlagen (?!). Die Quelle seines Wissens konnte er mir nicht Preis geben, oft jedoch wurde der Koran als Quelle herbeigezogen, beispielsweise um die Kringel um den Mond herum zu erklären. Auch erklärt mir jener Mann, dass die Sufisten Spinner seien und das man diese Veranstaltung verbieten müsse, denn mit Glauben habe das nichts zu tun. Die Sufisten verknüpfen ihre Religion mit Mystik, was erst mal nur nach Märchen klingt und nicht nach Aberglauben. Es ist viel Polizei in der Stadt und diese begleitet angeblich seit einigen Jahren die Festivität, denn der Staat sieht eben jene Mouled nicht mehr so gerne.
Ich versuche mal kurz zu erklären, um was es eigentlich geht. Mouled ist das Fest. El-Hussein ist der Enkel von Mohammed, welcher ja der Religionsstifter des Islams ist. Das Fest findet am Geburtstag zu Ehren des einen Enkels von Mohammed, Imam El-Hussein statt, er ist eine zentrale Figur des schiitischen Glaubens und lebte bis 680 n.Chr. Das Ehrenfest findet hier in und um die El-Hussein Moschee statt, wobei nicht ganz sicher ist, ob der Märtyrer, der in einer Schlacht gefallen ist, auch tatsächlich hier begraben wurde.



Die Vorbereitungs- und Anreisezeit geht schon Tage vorher los. Die ersten Camper bemerke ich fünf Tag vor dem eigentlichen Tag, dem 13.04.2010, einem Dienstag. Zwischen 16 bis 24 Uhr tobt die Stadt, allerdings tanzen schon in allen Nächten zuvor Menschen ausgelassen bis weit nach 24 Uhr. Tausende Pilger aus ganz Ägypten kommen an diesen Tagen in die Stadt um zu beten und zu feiern.






Männer, aber auch Frauen tanzen sich in Trance, ähnlich wie bei den Derwischen, jedoch gleicht der Tanz einem mit den Armen ausholenden Schwanken und keiner vollen Drehung. Es sieht in jedem Fall sehr entrückt aus und wenn die Leute dann richtig in Fahrt sind, dann wird geweint, gelacht und geschrien und die Plätze oder Hinterhöfe und Räume in denen gefeiert wird gleichen kleinen Kulturfestivals.


 Viele dieser Menschen kommen aus dem Süden des Landes und sind Sufi Muslime. Sie tragen traditionell Galabaya in grüner, beiger, grauer und brauner Farben. Auf mich wirken diese Menschen sehr glücklich und beschwingt. Ich werde eingeladen Brot und Käse zu essen und Tee zu trinken. Über eine moderne Verstärkeranlage wird in ein Mikrofon gesungen, gebetet, gelacht und musiziert. Männer sitzen im Vordergrund, die Damen abseits, aber auch sie sind voller Energie und reichen Tee und Tanzen wild.

Die Menschen schlafen im Freien in der Stadt um die Al Azhar Uni und um und in der El-Hussein Moschee, aber auch weiter außerhalb sind alle Plätze oder noch nicht fertiggestellten Häuser belegt. Ein kleines bisschen mit einem Tuch abgetrennt oder sogar mit einem Segeltuch kann man dann überall ein blicken. Sie sitzen, schlafen, beten, essen, musizieren, singen. Sie sind sehr entspannt und wirken auf mich ausgelassen und ausgeglichen, tolerant und gradlinig. Als ich in ein Zelt eingeladen werde, um Brot und Tee zu teilen, werden Witze erzählt und man redet viel über Al-Hussein und preist Allah und das geht nahtlos auf in Gesang und Tanz und Schwung.

Wer sind jetzt wieder Sufis?

Ich versuche das mal ganz knapp zu machen: Sufi bezeichnet eine ehemals asketische Randgruppe des Islams. Heute steht Sufi immer in einem Satz mit Mystik. Etymologisch  betrachtet steht das Wort für ‚rein‘, im Sinne von Reinheit und frei von Fanatismus, Dogmatismus, Egoismus, Aberglaube, Unwissenheit, Schichtendenken. Klingt alles sehr sympathisch und deshalb kriege ich auch Tee und kann mich relativ frei bewegen. Allerdings mit der Bewegung ist das so eine Sache, denn es ist so voll, dass, wenn man kurz springt bleibt man hängen und wird durch die Masse mitgetragen. Das oberste Ziel der Sufis ist Gott so nahe zu kommen, wie es eben geht. Sufis sind bekannt für Bescheidenheit, Selbstlosigkeit und Disziplin.
Die Sufi organisieren sich in einzelnen Orden, die nach ihren Begründern benannt werden, welche ‚Tariqa‘ genannt werden. Tariqa bedeutet ‚Weg‘. In Zusammenhang mit dem Sufismus bedeutet es ‚der Weg auf dem der Mystiker wandert‘. Man reist zusammen in seinem Orden zu Gott, auf demselben Weg. Derwische praktizieren den Sufismus und gelten als Quelle der Klugheit, der Heilkunst, der Poesie, der Erleuchtung und der Weisheit.
Aber an dieser Stelle mache ich auch mal Ende. Wen das interessiert, dem kann ich gerne einige Bücher empfehlen oder der mag sich eben mit Wikipedia Wissen versorgen.
In der El-Hussein Mosche liegen tausende von Menschen, viele von ihnen schlafen. Wenn man nun auf das auf das vermeintliche Grab des Hussein zusteuert wird man automatisch in die richtige Richtung ‚gedrückt‘. Selbstständiges Laufen ist nicht und Fotografieren schon gar nicht. Der Raum selbst riecht mach Moschus, der versprüht wird und es ist picke-packe voll von Pilgern, so dass auch nicht darauf geachtet wird wohin denn der Moschus versprüht wird, ergo rieche ich wie ein Pfingstochse.

Cairo - Alexandria - Agamy - Strand und zurück

Erstmal um zu zeigen, dass ich noch da bin. Habe ein Wochenende mit Paul im Wasser geplanscht in der Nähe von Alexandria, in Agamy.

Donnerstag, 15. April 2010

Nächste Woche kommt eine Flut...

von Bildern und von Texten. Ich schaffe kaum nachzukommen mit allen Dingen, weil ich gerade so viele verschiedene Dinge mache und sehe. Es gibt noch einiges über den Moued El Hussein zu sagen. Einen Text über 'die Rosine', einen über lange Fingernägel, viele neue Bilder und bis Sonntag verbringe ich jetzt in Alexandria mit Paul (aus dem Schlüpferparadis).
Diese Bilder sind noch vom Bodybuilding Wettbewerb. Montag gibts dann Neues.

Mittwoch, 14. April 2010

Morgen erst neue Bilder!

Es gibt viel zu erzählen, denn es gab ein Fest in der Stadt. Aber erstmal kümmere ich mich jetzt um meine letzten Bilder... Dieses ist in der Totenstadt entstanden.

Samstag, 10. April 2010

Der Taxifahrer

'Ich bin ganz ruhig. Ich könnte jetzt sterben und ich weiß auch, dass der Mann neben mir genau weiß was er tut.' So kann man bei vielen Taxifahrten empfinden und dann tritt man am besten nicht allzu feste die gedachte Bremse im Fußraum der Beifahrerseite, denn es könnte sein, dass die Karosse das nicht mitmacht und man tatsächlich mit dem Fuß bremst. Also schließe ich die Augen für einen Moment und überlege, ob ich hier Allah gegenübertreten muss oder, ob sich Petrus um mich kümmert. Ihr glaubt ich übertreibe? Irrtum.
Es handelt sich hierbei um den Beruf des Taxifahrers, nicht um Selbstmordattentäter, wie ich kurz dachte. Diese Leute fahren entweder Teilzeit oder Vollzeit (12-14 Stunden am Tag) Taxi und verschaffen sich so einen Teil ihres Lebensunterhalts – Fahren ist ihre Profession. Sie machen ihren Job verdammt gut und ich fühle mich mittlerweile selbst in brenzligen Situationen sehr sicher, dass sage ich, als Schisser, der Angst davor hat, die Kontrolle zu verlieren. Eine gute Therapie also. Augen auf und dran gewöhnen und ‚er‘ weiß wirklich immer was er tut.
Verkehrsregeln gibt es keine, so scheint es aber der Kaireener ist nahe dran, im Chaos ein System zu finden, dessen bin ich sicher. Man fährt mit Hupen, was nicht blöd ist, nur laut, weil es jeder macht und es gibt da diese unzählige Variationen von Hupen: Achtung! Bin neben Dir! / Ich überhole jetzt! / Pass doch auf! / Blödmann! / Hallo! / Fußgänger lauft! / … Man fährt hier wie ein Wal der sich mit Ultra- oder Infraschall bewegt aber eben hörbar. Noch habe ich den ganzen Hup-Code nicht geknackt.
Am Spiegelgebammsel erkennt man den Moslem oder den Kopten, denn dort hängt entweder eine Gebetskette mit oder ohne Kreuz inmitten von Duftbäumen aller Couleur, Blumenkränzchen und familiären Devotionalien. Oftmals gehört auch zum guten Service die Lautsprecher laut aufzudrehen damit, wenn es nur laut genug ist, man auch verstehen kann, was gesagt oder gesungen wird. Lautstärke ist aber ein anders Thema. Manchmal gibt es Rotlicht im Taxi oder es ist schwarz, dann weiß man, dass man sich besser anschnallt, denn der Fahrer ist dann unter 30 und legt großen Wert auf Maximaltuning seiner Karre sowie auf einen maximalschnellen Transport.
Den Ort, an dem man gebracht werden möchte, sagt man erst durchs immer offene Fenster, sonst fährt man einfach und plötzlich versteht der Fahrer gar nicht mehr wo es hingehen soll. Einige sprechen englisch, was nicht heißt, dass man es einfach haben muss. Geschickt manövriert ‚er‘ sein Fahrzeug durch die Enge der Straßen und macht zur Not auch noch eine neue Fahrspur auf, wo keine ist. Man flutscht durch den Verkehr wie ein Körnchen durch eine Sanduhr.
Es gibt blaue Taxis, die sind überpünktlich und gut geeignet für den Transport zum Flughafen, kosten aber auch mehr und man muss sie 24 Stunden vorher anmelden. Es gibt die Gelben die auch teurer sind, die kenne ich aber noch gar nicht. Es gibt die Weißen, deren Tacho auf E.G. 2,50 stehen wenn man einsteigt und es gibt die Schwarzen die entweder kein Tacho haben und man muss vorher den Preis aushandeln, diese sind dann auch die richtig alten schunkeligen Kutschen, urig und die Armaturenbretter sind bezogen mit Kunst-Fell, Decken oder einem Teppich, auf dem ziemlich viel Geschangel rumsteht. Gerne befindet sich auch ein Behälter mit einer Ölkomposition darauf, der die Nase des Transportierten erfreuen soll. Die Bretter gleichen einer Miniaturbühne eines indischen Musicals, dazu dann gut sichtbar der Koran und die obligatorische Tissue-Box, bezogen mit Fell oder Kissen als Sofa getrant oder als Piano oder sonst was. Wenn man hinten sitzt bekommt man manchmal noch mehr Plüsch, als man als Beifahrer schon aushalten kann, dann nämlich sind die Kopfstützen des Fahrers und die des Beifahrers mit Stofftiergesichtern bezogen. Also Monster oder spongebobähnlichem Ungetier, dass einen dann während der Fahrt nicht aus den Augen lässt.
Dann gibt es noch die schwarzen Taxis die auf weiß machen. Und die Weißen die auf Schwarz machen. Und die, die… Naja es gibt sogar 15.000 Erdgasbetriebe Taxis, die dem Smog aber auch nicht beheben können. Die meisten der schwarzen und weißen Taxis sind Peugeots, Fiats und Dacias. Die neueren Modelle kommen aus dem fernen Osten.
Ampeln gibt es und sie tragen auch die drei Farben, die wir kennen, dennoch haben sie eher die Aufgabe bunt zu blinken. Alles läuft und fährt gleichzeitig. Man kommt nur ohne Rennen über die Straße, wenn man den Blickkontakt zum Autofahrer hergestellt hat. Mikro-Busse allerdings sind im Auge zu behalten, die Fahrer haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Es gibt auch zwei U-Bahn Linien und eine weitere wird gerade errichtet. Verkehr total!
Die Preise für ein U-Bahn-Ticket belaufen sich auf 13 Cent (E.G. 1,-) und die Taxis nehmen entsprechend etwas mehr. Man kann gut von einer Seite des Nils auf die andere für weniger als € 1,50 fahren, wenn man denn nicht beschissen wird.
Die Themen der Taxifahrer sind zumeist Familie, Anliegen in Ägypten und natürlich Fußball. Meistens freue ich mich darauf, denn ich kann mit dem BVB angeben, der einen ägyptischen Spieler hat: Mohamed Zidan. Die älteren Fahrer fangen gerne mal mit Beckenbauer an, gut, dass ist schon meine Generation, aber ich war ja als Kind nicht wirklich mit dem Wunder des Balls vertraut. Also freue ich mich wenn ich dann begreiflich machen kann, dass ich sehr wohl den Herren Beckenbauer oder Rummenigge kenne.
Bis dann unerwartet: Ich höre: ‚Hitler Good‘ und mir geht die Kinnlade auf den Schoß. Klar, einige haben etwas gegen Juden und wir sind da ja mal historisch betrachtet in vieler Menschen Augen vorbildlich mit ihnen umgegangen. Ich versuche nun mit freundlichen Worten klar zu machen, dass ich das gar nicht billige was geschehen ist, aber ich werde nicht verstanden und zum ersten Mal fühle ich mich richtig unbehaglich.
Zu diesem maximalblöden Erlebnis gesellen sich aber auch lustige Taxi-Fahrten, bei denen man dann ganz unauffällig beschissen wird, dann wird plötzlich an der Uhr rumgefummelt und sie läuft schneller oder rast nahezu. Dem Nießer und dem Huster ist das hier auch passiert und sie sollten E.G. 62,- statt ca. E.G. 10,- zahlen. Tapfer sind sie ausgestiegen und haben dem Fahrer 10 gegeben, dann fuhr er hinterher und rief noch ‚Okay, dann eben zwanzig‘. Gestern habe ich mal wieder gestaunt, der Mann hat seine Uhr erst gar nicht angemacht und versuchte dann zu handeln und ich bin direkt wieder raus. Dem Nächsten habe ich das dann erklärt, weil er es beobachtet hat und er schüttelt den Kopf möchte aber Geld von mir für Frau und drei Babies. Ich versuche klar zu machen, dass ich nicht Krösus bin, aber was will man jemanden sagen, der ca. € 80,- in der Woche verdient. Klar bin ich reich, gemessen an ihm. Es gibt ein gutes Trinkgeld und wir beiden kneifen uns eine Auge zu.
Respekt für die Taxifahrer, versuchen sie auch noch mit jedem Trick einen auszunehmen, das gehört hier zur Unterhaltung und ein bisschen Beschiss tut uns auch nicht weh, wenn es um ein paar Kröten geht.

Freitag, 9. April 2010

neue Bilder

 


Mafish Mushkella

06.04.2010 Dienstag

Die Zeit rast. Die Woche ist wieder voll mit Terminen. Heute kann ich meine Filme nicht abgeben, denn der richtige Typ zum Entwickeln ist nicht dort. Er heißt Steve und ich treffe ihn morgen früh bei Kodak. Gerade habe ich nochmals alle meine Negative gereinigt und habe jetzt Musterbeispiele herausgesucht, die ich vorzeigen kann, damit man auch sieht, dass bei der Filmentwicklung falsch gelaufen ist. Keine Katastrophen, aber doch schon Patzer und auch ordentlich Fingerabdrücke.
Mit meiner wiedereingereisten Vermieterin rede ich lange und wir essen ein Eierbrot, war ja auch schließlich Ostern. Heute Abend übernehme ich abwechselnd das Führungsprogramm und nehme den Herrn Dailleux mit in die Makan Bar um seinen musikalischen Horizont zu erweitern.

07.04.2010 Mittwoch

Das Kodak Problem Teil II
Ich flippe fast aus als ich meine Filme abhole und es befinden sich wieder Streifen auf den Negativen. Irgendwie schaffe ich es immer entweder eine Kamera zu kaufen die nicht okay ist und die mir aus dubiosen Gründen 50 % meiner Fotos frisst, an deren Reparatur sich aber auch kein Feinmechaniker der Welt ran traut, weil er sich das Problem selbst nicht genau erklären kann.
Oder ich schaffe es eine Entwickler zu finden, der mir seine Gewürzgurkensoße über die Negative haut oder, oder, oder…
Streifen…Danach laufe ich 7 Stunden durch die Stadt in einem Riesenbogen zurück zu meiner Schlafstädte und steige eigentlich dann schon wieder ins Taxi, um einen Mann zu treffen, der Kairo auch gut kennt und mich wieder mit neue Tipps gibt. Anschließend geht es dann in die Townhouse Gallery mit meiner Vermieterin und wir trinken diverse Tees in einer sehr schönen Straße die unbedingt noch einmal in der Nacht mit Kamera aufsuchen muss. Noch nicht genug an diesem Tag, gehe ich zum Sport bis um 1 Uhr morgens.

08.04.2010 Donnerstag.

Mafish Mushkella
Der Wecker geht um 6. Das Taxi ist um 6 Uhr 30 mit Denis Dailleux da und heute fahren wir wieder zu einer Bodybuilding Competition, meiner letzten, so viel sei verraten, denn motivisch ist das sehr schnell ausgereizt. Also fahren wir mit dem Taxi zu einem Bus und treffen auf sehr viel Muckimänner, die auch nach Ash Sharqiyah wollen. Es ist eine kleine Stadt und nach dem der Bus nach 2,5 Stunden endlich kommt fahren wir auch gleich dorthin. Unsere Fahrt geht quer durch Kairo über Dörfer durch Zagazig, dessen Namen ich schon klasse finde. Ash Sharqiyah liegt nun ca. 100 km nordöstlich von Kairo an einem kleinen Flussarm vom Nil. Ein staubiges kleines Örtchen mit vielen Kindern.
Diese Kinder nun haben scheinbar noch keinen Mann gesehen der blaue Augen hat und über 1,90 m groß ist. Also versammle ich gerne Kinder um mich herum und bewege mich in einer Art Panzer aus Minderjährigen. Diese schauen mich an wollen mich berühren und machen Fotos mit dem Mobiltelefon von mir, das gerne beim Handschütteln und Arm auf den Rücken legen. Ich muss meinen Namen immer wieder auf Zettel schreiben und als ich beginne meinen Namen auf Arabisch aufzuschreiben bin ich der Star im Dorf. Die Bilder gehen von nun an so, dass ich irgendwelche Faxen mache, wie Hasenohren hinter dem Fotografierten Kind neben mir und dann wollen aber auch gleich alle. Ich habe fast mehr Spaß mit den Blagen als an der Competition. Im Ganzen zieht sich der Tag zäh dahin, denn der eigentliche Wettbewerb beginnt erst um 15 Uhr, also 16 Uhr. Meine innere Uhr passt sich langsam an. Mafish Mushkella. Kein Problem.
Der Wettbewerb nun geht recht fix. Nur 5 Stunden lang präsentieren sich Muckimänner aus ganz Ägypten und man findet hier und da auch mal die eine oder andere Spritze, die rumliegt. Meist in einem kleinen abgetrennten Raum auf einem Dach, das zum Anwesen gehört, wo das Ganze stattfindet. Das Dach kenne ich gut, denn hier finde ich minutenweise Entspannung bis ich wieder umzingelt werde von Kleinen.
Also gut es ist langweilig, zugegeben. Und ich trage ein T-Shirt, was mich nicht mehr warm hält. Mein Mittagessen ist eine Tüte Chips und dazu ein Hibiskus Tee. Die Nacht bricht ein um ca. 18 Uhr und es wird windig. Ab jetzt nur noch frieren und gar keine Bilder mehr machen. Dann um 21 Uhr werden wir wieder vom Bus abgeholt und das läuft dann hysterisch schnell ab, eigentlich werden wir getrieben, um dann aber wieder eine dreiviertel Stunde im Bus zu sitzen und auf, ich weiß nicht was, zu warten. Schließlich fahren wir aber und der nette Busfahrer macht auch gerne das Fenster zu, damit wir nicht erfrieren. Ich sitze ganz vorne in der Mitte sprich, wenn ich mich gerade setzte, dann schaue ich das Dach an, wenn ich weiter runterrutsche, um zu sehen, wie ich in den Tod gerissen werde, durch die unmögliche Fahrweise des Busfahrers, dann bekomme ich Rückenschmerzen und weiß nicht wohin mit meinen Beinen. Linderung verschafft mir aber dann nach nur 20 Minuten die Möglichkeit wieder auszusteigen, weil die Kupplung gerissen ist. So verbringen wir dann zitternd vor einem Shop einige Stunden und es gibt zum Abendessen wieder eine Tüte Chips. Hurra, diesmal jedoch mit Wasser statt Hibiskus Tee. Der Ägypter ist ein schneller Organisierer. Zunächst stehen 8 Leute um den Schaden herum und beschauen das Ganze, dann denkt einer nach. Wenn einer dann nachgedacht hat wird sofort umgesetzt und wirklich viele hilfsbereite Menschen schieben uns um uns wieder in Fahrt zu bringen zur nächsten Werkstatt. Diese ist so schnell am Werk, dass man staunen muss. Es wir geschweißt und gehämmert und nach ca. 30 Minuten fahren wir schon wieder weiter. Mafish Mushkella. Und ich darf wieder auf dem Mittelhöcker sitzen ganz vorne. Beim Versuch den Platz zu wechseln gab es dann Genörgel, denn das macht man nicht. Das ist nicht gut für meinen Rücken, aber bei einem bestuhlten Konzert ist das toll, denn man braucht nicht mal seine Jacke als Platzhalter dort zu lassen in der Pause. Das ist selbstverständlich für den ganzen Abend. Am Rande von Kairo angekommen, werden wir ausgeladen und wir suchen einen anderen Bus, der uns irgendwo in die City bringt. Wir, sind im Übrigen immer noch Denis Dailleux und die netten Muckimänner, die man ja nun auch kennt.
Angekommen daheim gehe ich wortlos sofort ins Bett.

09.04.2010 Freitag
Heute scheint es wieder etwas wärmer aber ich schone meine Füße, weil ich später vorhabe längerzeitige Belichtungen in einer Werkstatt Gegend zu machen.

Dienstag, 6. April 2010

In Anlehnung an...

 
die Maschrabije, das sind geschnitzte Gitterwerke aus Holz, diente dem Sichtschutz, dies ist natürlich eine Pflanze im Vordergrund

Grüße aus Indien

Um 9 Uhr gehe ich zur Metrostation El Behoos, das ist ca. 10 Minuten Fußweg und fahre eine Station bis Doqqi, dort treffe ich auf einen Freund von Denis Dailleux, der mich abholt. Heute machen wir eine Bootsfahrt und Denis versichert mir gern, dass ich diesen oder jenen Ort sehen muss und er hat immer Recht, denn er lebt seit 15 Jahren hier. Im Schlepptau haben wir drei weiter Franzosen, die aber immer hinterher schlendern. Die Herren Fotografen vorweg. Die Sprache an diesem Tag ist Französisch, immer so lange bis ich aufgebe.
Wir nehmen zwei Taxis bis zum Bus, welches uns zum Boot bringt. Das Boot liegt natürlich auf dem Nil und da auch hier Ostern ist bzw. Frühlingsfest (Sham El-Nessim), sind die Boote gnadenlos überfüllt. Es ist wie mit den Autos – alles drückt und drängelt, aber im Ganzen sehr liebevoll und ohne System. Wir ergattern eines. Nach ca. 20 Minuten geht unsere Fahrt dann los und der erste Bollywood-Gedanke kommt, als aus den Lautsprechern heimische Musik schrottet. Die Boxen hier haben gerne mal Höhen und Mitten aber die Bässe sind wohl zu groß, dafür dreht man dann etwas lauter, nein viel lauter bis das Trommelfell merkwürdige Effekte macht. Der Bewegungsdrang des Ägypters ist enorm, hört er nur zwei aufeinanderfolgende Takte, zuckt die Hüfte und die Arme verdrehen sich und die Hände fliegen in die Luft. Das Boot tanzt. Ich bin quasi auf einer großen Tanzveranstaltung gelandet und das alles auf dem Wasser. Irgendwann kommt dann auch das Polizeiboot und ich meine zu erfahren, dass wir zu laut waren, das kostet Strafe. Das Polizeiboot entfernt sich und die Musik setzt unvermittelt mit gleicher Lautstärke wieder ein. Solange man dafür zahlt.

Nach ca. 2 Stunden Ohrenbetäubenden Lärms und Tanzen und Bootschunkeln kommen wir Nilabwärts, sprich weiter nördlich zu einem Staudamm. Da verlassen wir das Boot und plötzlich bekommt man gar keinen Fuß mehr an die Erde. Alle sind sehr flamboyant gekleidet und drängeln sich in den nahegelegenen Park. Der einst dem König gehört hat. Heute ist er zum Großteil noch gesperrt für den Präsidenten, aber Platz zum Sitzen ist ja auch auf der Strasse. Im Park liegen und sitzen die Menschen dicht an dicht, essen eigens für diesen besonderen Tag hergestellte Lebensmittel, wie Raucherfisch und bemalte Eier. Sham El-Nessim ist so ganz ursprünglich eine koptische Angelegenheit. Die Kopten also christliche Ägypter machen 6-10% der Bevölkerung hier aus und werden aber als Minderheit gerechnet. Diesen Tag jedoch begehen nicht nur Christen, das kann man deutlich sehen. Der Brauch kommt tatsächlich noch aus pharaonischer Zeit.
Kultiviert wie überall wo Menschen in Ägypten leben, wirft man seinen Müll halt einfach auf den Boden. Das ist auch schon zuvor auf dem Boot passiert, das alles nicht mehr Brauchbare eben im Wasser landet. Ich ertappe mich das auch tun zu wollen und irgendwie kann ich das nicht, meine ich. Stunden später nach nur etwa 3 überquellenden Mülleimern, gebe ich auf und lege meine leere Wasserflasche verstohlen auf den Boden.
Also Menschen und Müll im Grünen, ein buntes Bild. Wir befinden uns in AnAter inmitten von Pferden, knatternden Mofas, Fußgängern, Kamelen, Kutschen, Tuctucs und Leihrädern, die Dame von Welt fährt gerne mit Stützrädern. Der Ort besitzt einen Riesengarten aus der Zeit von Mohamed Ali (ca. 150 Jahre alt)
Diese dreiräderigen überdachten Gefährte kenne ich auch nur aus Indien, aber heißen sie nun Tuctucs oder Tuktuks. (Sabine bitte hilf mir!)
Wir laufen viele Stunden immer am Wasser entlang, das sehr fruchtbare Ufer ist verzweigt und je einsamer es wird, um so größer werden die Augen, derer die uns sehen. Plötzlich hört man nicht mehr ‚Welcome To Egypt‘ oder ‚Hello. What’s Your Name?‘, sondern ‚I Love Your Blond Hair‘. Die Menschen schauen genauso neugierig, wie wir es sind und wenn wir pausieren stehen alle einfach im Kreis um uns rum und winken, grinsen und schauen. Ich komme mir vor wie ein Popstar. Irgendwann hier im Nildelta gibt es ein riesen Tumult und ein alter Mann läuft kotzend, schreiend und weinend an uns vorbei und man meinte er sei krank. Unverständnis. Dann strömen alle zum Wasser und es gibt plötzlich einige Polizeiboote an einer Stelle im Wasser. Am Ufer großes Gekreische und in diesem Moment wird ein Mann an uns vorbeigetragen, aber von der Straße zum Wasser, er scheint ohnmächtig. An einer Stelle wo viele mutig ins Wasser hüpfen ist etwas passiert. Irgendwann erfahren wir dann, dass er der Vater von zwei Burschen ist, die zusammen mit einem dritten ertrunken sind. Der andere Mann war der Vater des andern Jungen. Drei Kinder, nicht mal Teenager werden aus dem Wasser geborgen, wir gehen. Wir sind erschüttert.

…und nein - ich habe das nicht fotografiert!

Nach diesem Schock laufen wir zurück zu den Booten, die aber schon alle fort sind und wir beschließen zu fragen, was die Rückfahrt nach Kairo mit dem Taxi kostet, denn wir sind 25 km nördlich von Kairo, allerdings wird auch dieser Ort gerne noch zum Großraum Kairo dazu gezählt.
Der Taxifahrer will unglaublich wenig Geld für die Fahrt, aber auch nur deshalb, weil er zwischendurch noch beten möchte. Wir finden das prima und fahren ein Stück, er betet 20 Minuten und dann fahren wir weiter.
Wir essen, wir trinken ein Bier auf dem Dach des Hotel Odeon in der 10. Etage und dann muss ich los, Joghurt auf meinen Sonnenbrand schmieren und die beiden Deutsch, mit denen ich die Wohnung teile, während meine Vermieterin nicht hier ist, verabschieden. Also der Nießer und der Huster sind jetzt leider auch wieder auf dem Heimweg.
Im Austausch für die beiden Jungs bekomme ich dann heute Nacht meine 'Möhrchengeberin' zurück. Morgen muss ich mit dem Mann schimpfen der meine Negative etwas versaut hat und spät gehe ich wieder in die Makan Bar, in der ich schon einige Male war, die mit der Zar-Musik. Ansonsten bleibe ich der Sonne fern, da ist sich der hummerfarbene Pancho sicher.

Paul und Pancho im Schlüpfer-Paradies

P! heißt also Paul und ich darf das jetzt auch sagen, denn ich habe seine Genehmigung. Wir waren also Shoppen. Haben uns eingedeckt mit Hemdchen und Shirts und Hose und Schlüpfer, denn die sind hier mal eben nicht nur extrem trashig sondern auch sehr günstig. Nach dieser Aktion haben wir dann noch ein Bier eingenommen, sind quasi von der Straße geflüchtet, denn plötzlich waren wir genau die, die wir nicht sein wollten, die reichen Europäer. Zumindest mussten wir anhand der ganzen Tüten so ausgesehen haben.
Gestern war ich hier endlich mal beim Sport. Man knüpft dabei nicht nur einfach Kontakte sondern fühlt sich danach auch richtig fit. Aber nicht nackig machen! Das Geschlechtsteil wird auch unter Dusche verborgen. Das Planschbecken, das es hier gibt, diese Dinger heißen ‚Jacuzzi‘ oder so, darf man auch nur mit Badehose betreten und das wird von einem Wächter überprüft, der vor dem brodelnden Becken sitzt.

Samstag, 3. April 2010

Liebe Dozenten und Interessierte habt fein acht....

... hier kommen die ersten Ergebnisse. Unbearbeitet ungeschönt und als Low Resolution.



 

Mimik & Gestik

36° Die Sonne knallt unerbittlich und ich bin alleine wegen meiner sehr blass roten Haut gezwungen eine kleine Pause einzulegen. Also heute gibt es keinen 12 Stunden Marsch. Der Nießer und der Huster sind tapfer und schauen sich jede interessante Ecke an, die der Führer hergibt. Wir haben ein sehr schönes Frühstück zusammen gehabt mit Rührei und frischem Orangensaft.
Meine größte Aufregung für den Tag soll sein, dass ich um 18 Uhr meine Negative abhole mit einer Low Resolution CD, von der ich dann wenn die Bilder was geworden sind, direkt welche in den Blog stellen kann. Jetzt wird die Seite wieder bunter.
Es ist vielleicht mal wieder Zeit über eine Eigenart zu berichten. Thema heute:

Mimik und Gestik
Der Ägypter an sich hat ein melancholisch nachdenkliches Gesicht, so finde ich. Ich will mal nicht von Mandelaugen oder so einem Quatsch reden, denn ich mache ja keine Rassen-Studie. Wenn ich einen Menschen frage, ob ich ein Bild machen kann, dann stellt sich die/derjenige hin und schaut, gar nicht unbedingt in die Kamera. Es gibt hier nicht den Gedanken ‚Cheeeeeese‘ zu machen und ein bisschen freundlich lächelnd die Linse zu fixieren. Man spielt nicht mit seinem Gegenüber sondern ‚Ist‘. Ich habe mehrfach darüber nachgedacht, wie ich denn den Ägypter in Pose bringe, und zwar so, dass es nicht nach Pose aussieht, aber das brauche ich gar nicht. Die Menschen posieren nicht, vielleicht weil sie es nicht gewohnt sind oder auch verwundert sind wie lange es dauert bis ich mit meinem Belichtungsmesser durch ihr Gesicht gefuchtelt bin, dass eben gerade die totale Verwirrung in ein sehr neutralen, eher melancholischen Gesichtsausdruck mündet. Die Jugend hier allerdings posiert wiederum extrem, da kann man schon mal das Gehabe von Eminem, Snoop Dogg oder Michael Jackson wiederfinden oder der Klassiker hier ist, einen Daumen oder eine Faust an oder unter sein Kinn zu legen, wie bei einer Statue aus der griechischen Antike. Sehr schön.
Auf meine Mimik versuche ich sehr genau zu achten und zwar den ganzen Tag. Ich bin immer freundlich bis lächelnd und das kommt gut an, denn Mr. Kodak hat immer gute Laune und scheinbar überträgt sich das Wiederspiegeln direkt auf meine Laune, denn ich war hier noch nie schlecht drauf und überhaupt schon nicht weil irgendjemand mir blöd gekommen wäre. Vorsicht Klischee-Satz: ‚Die Menschen hier sind total freundlich und hilfsbereit‘. Ich merke nur, dass ich große Menschenansammlungen wie die Basare nicht länger als eine Stunde machen kann, denn danach habe ich dann genug lächelnd und dankend die dargebotenen Tauben, Schlangen, Tomaten und Bananen abgelehnt. Dann gehe ich an den Rand rauche eine Zigarette und ab geht es wieder mit frohem nikotinerfrischtem Blut zu den nächsten Tomaten und Schlangen.
Das Fixieren von Menschen auf der Straße ist nicht machbar, also Starren geht gar nicht. Benimm wäre tatsächlich den Blick auch zu senken, aber dann sehe ich ja nix. Also dezent. Die jüngere Generation habe ich gemerkt, schaut man einfach lange an und entfacht mit seinem eigenen Gesicht ein Grinsen und dann wird man auch sofort gegrüßt und es werden Hände geschüttelt und sich mit Händen und Füßen unterhalten. Ich rede ja viel über Fußball, das kommt gut an, wahlweise auch über Autos. Und dann kommt die Kamera.
Bei Frauen belasse ich es gerne, mit dem schüchternen Blick aus den Augenwinkeln.

Die Gestik ist sehr anders, bestes Beispiel ist das Zeichen was man in Italien für ‚Arschloch‘ macht bedeutet hier: Moment – langsam! Ansonsten geht es sehr temperamentvoll zu. Es wird viel gebärdet und gefummelt. Die Rechnung bestelle ich mit folgender Geste. Die rechte Hand durchschneidet die Linke Innenhandfläche da wo Daumen und Finger sich trennen. Ein Kopfschütteln kann auch mal ‚Ich habe verstanden‘ bedeuten, was bei manch Taxifahrt zur Verwirrung führt.
Ja überhaupt die Taxifahrer und Fahrten, da werde ich mal ein anderes Mal drüber berichten…

Freitag, 2. April 2010

Ostern mit Spiegeleiern

34° sind auf der Messlatte zu entnehmen und das ist schon mal echtes FlipFlop-Wetter mit Schlabberhose und kaum T-Shirt. Nicht so hier. Ich laufe in einer langen schwarzen Hose rum und mit schwerem Equipment. Heute sehe ich einen Bodybuilding Contest. Nachdem ich schon gestern ins absolut tiefste Kairo geraten bin, soll es heute ähnlich werden, ich komme echt rein und ran! Ich befinde mich im islamischen Viertel.
Gestern also treffe ich mich erneut mit Denis Dailleux und wir tauchen ein ins Verborgene Kairo. Die schmalsten Gassen, die tiefsten Häuserschluchten mit Winkeln und Gassen. Das Licht ist fantastisch, natürlich dunkel, aber wenn es aus den Ritzen spielt und die Szenerie eintunkt in eine Atmosphäre aus Realitäten der Arbeitswelt, Lebensweisen und Lebenswegen, denn alles trifft hier zusammen. Mir wird erst jetzt bewusst, dass der Blech-Polierer, den ich neulich fotografiert habe, nicht alt werden wird, denn er atmet den ganzen Tag diesen heftig silbrigen Feinstaub. Mundschutz ist nicht. Und so geht es wohl auch vielen anderen Arbeitern, die mit ätzenden Flüssigkeiten rumhantieren und Dämpfe und Stäube atmen. Auf den Straßen selbst bekommt man auch kaum noch Luft, der Smog ist so heftig, dass die Sonne nicht  am Horizont sondern irgendwann im grauen Dunst untergeht.
Es wird hoffentlich viele überraschende Bilder des Viertels geben, welches zum alten Kairo gehört, sich abgrenzt von einer neu begradigten Touristenmeile. Jedenfalls rede ich viel mit Händen und Füßen und ich bekomme immer einen Tee. Die Messchen sind genauso neugierig auf mich wie ich auf sie. Und auch wenn kein Abbild zu machen ist, lassen sich die meisten sehr gerne fotografieren.
Mittlerweile laufe und fotografiere ich zwischen 7 und 12 Stunden täglich. Meine Füße schmerzen, aber ich bin ein bisschen besessen, seit dem ich merke, dass ein Kontakt durch einen anderen entsteht und ich mich einfach, wenn ich nichts Konkretes habe, treiben lasse. Die Kontakte stehen allerdings nach wie vor, vor dem Foto.
Heute bin ich mal einfach zu einem Body Building Contest gegangen, in der Nähe der Metro-Station Saray El-Qobba im Norden. Das war sehr irre. Erst steht man abseits und plötzlich wird man in die erste Reihe gebeten und auch Backstage zum Einölen und Pumpen und Posen durfte ich fotografieren, also gibt es auch ein paar Muckimann-Bilder. Was mich daran interessiert hat war, wie sie sich präsentieren, denn nachdem sich in den letzten 10 Jahren immer mehr Frauen verschleiern (aus eigenem Antrieb, Glauben oder Druck von außen sei dahingestellt) oder wenigstens ein Kopftuch tragen ist es bei den Männern ähnlich. Man(n) zeigt keine Haut, die Arme ja, die Hände und Füße auch aber man sieht auch bei der Affenhitze niemals einen freien Oberkörper. Die Bodybuilding Show läuft natürlich so ab, wie man das erwartet, viel Körper, viel Haut, allerdings ist der Rahmen sehr witzig. Die Herren stehen auf Teppichen auf der Bühne.
Nach Stunden fahre ich noch auf einen städtisch angelegten Park, dem Al Azhar Park der eine ehemalige Müllkippe ist. Hier prallen schon bei der Skyline Welten aufeinander. Da muss ich auch wieder hin zum Fotografieren. Damen sitzen in der Sonne auf einer Decke, aber nicht mit Hijab, was der Schleier oder das Kopftuch ist sondern in kompletter schwarzer Niqab mit Handschuhen.
Morgen Abend kommen endlich meine ersten Filme zurück, dann gibt’s was zu sehen.

wenn ich nachts nach hause komme...

bin ich immer wieder fasziniert von den farben...

Donnerstag, 1. April 2010

Der Tag des Zuwachses und der Abwanderung Teil 2 (Der Versprochene)

Hier also noch der zweite Teil der letzten Tage: Meine ‚Möhrchengeberin verlässt mich für eine Woche Richtung Deutschland. Dafür kommt Besuch aus Deutschland (Der Huster und der Nießer) zudem eine Bekannte aus Athen, allerdings eine Hamburger Deern im Ursprung.
Mit der Hamburgerin besuche ich El Sawy Culture Wheel, dort gibt es eine Fotoausstellung von Asharaf Talaat ‚Point Of View‘. Bilder von Ägypten, aus Indien und Deutschland. Interessante Perspektiven ergeben sich, wenn ein Ausländer das eigene Land wahrnimmt und mit einigem Witz und einem guten Auge den Finger in Wunden legen kann. Schwarz-Weiß Fotos bekommen wir zu sehen im Culture Wheel, welches unter einem ‚Overfly‘ gelegen ist. ‚Overflies‘ sind die riesigen innerstädtischen Brücken die über große Straßenkreuzungen gehen und dem Taxi-Fahrer eine Chance bietet den Gaspedal mal voll durchzutreten. Im Kulturzentrum gibt es auch ein Theater, eine Marionettenbühne, diverse andere Ausstellungen und alles befindet sich eben unter einer Brücke. Eintritt frei.
Am Dienstag fahren wir vier Deutschen zur Alabaster Mosche, hier Mohammed Ali Mosche genannt. Das ist nicht der Mohammed Ali, der seine Gegner durch den Ring gejagt hat, allerdings wurden wir auch durch die Moschee gejagt, denn einen Schritt zurück ging es nicht. Einige schöne Stadtübersichten sind entstanden, denn an diesem Tag konnte man sehr weit schauen. Im Anschluss ist es Zeit sich zu verlaufen und bei einem Straßenhändler Kosheri zu essen. Das genießen wir sehr und es ist natürlich etwas ungewohnt aus Plastikschalen zu essen, die in einem Eimer unter dem Wagen gespült werden. Das Essen ist super und ich überlebe durchfallfrei gar das gereichte Wasser, aus einem anderen Eimer. Jetzt ist mein Magen angekommen. Kosheri ist neben den Bohnen das, was der Ägypter hier gerne und viel ist, so wie der Deutsche Pommes Schranke. Hatte ich das schon beschrieben? Nudeln, Reis, Linsen, Röstzwiebeln, Kichererbsen mit Tomatensoße die mit sehr viel Knoblauch und Kreuzkümmel gewürzt ist. Lecker!
Am Abend finden sich alle in der Makan Bar ein. Da gibt es mehrmals in der Woche Musik. Heute eine Live Truppe aus dem Sudan. Die Zuschauer sind sehr stark integriert durch hypnotisierende Trommeln und Tanz. Die Sängerin, die ich eigentlich erwartet hatte, hat sich für Morgen angekündigt und ich mache mit ihr aus, dass sie sich morgen ein wenig Zeit für ein paar Bilder nimmt. Danach enden wir im Le Bistro zu einem sehr guten Essen.
(An dieser Stelle noch ein Link nur für Anke! Damit Du mich nie vergisst! )
Der Mittwoch, gestern beginnt gemeinsam mit meinen deutschen Mitbewohnern und dem Hamburger Deern. Wir werden angeholt von einem deutschsprechenden Führer, der eine Empfehlung ist und dessen Nummer ich gerne jedem weitergebe, der einmal hier sein sollte. Wir fahren zum koptischen Kloster und alle besichtigen es, ich kenne dies schon und mache Übersichtsbilder von der ‚Müllstadt‘ die unterhalb des Klosters liegt, denn in ein paar Tagen werde ich versuchen dieses Viertel zu bereisen. Es ist nicht  ganz so einfach aber dazu dann, wenn es soweit ist. Der nächste Punkt ist dann auf meiner Liste eine Familie die das Mausoleum der Mutter des letzten Königs bewacht. Diese Familie habe ich schon im Januar fotografiert und alle freuen sich mich wieder zu sehen und noch mehr über die mitgebrachten Fotos. Hier verbringe ich meinen Tag, stöbere durch jeden Winkel, bekomme Tee, Essen und Einblick in alles. Man bot mir sogar einen Schlafplatz an. Ich lehne ab, verspreche aber zurückzukehren mit neuen Bildern und der Sohn wiederum freut sich, weil er mir weitere Bewohner der Totenstadt vorstellen möchte. Diese Totenstadt ist ein bewohnter Friedhof. Das ist nichts Außergewöhnliches hier, die Ärmsten der Armen können so eine alte Grabstätte beziehen, denn die Gruften haben zumeist Aufbauten und Wände, nicht immer eine Decke und da es schon auch Tradition hat gibt es gar eine Schule, einen Lebensmittelladen und auch ab und an Strom auf den Gräbern. Und die Toten werden dennoch in der ‚Nachbarschaft‘ beigesetzt. Meine deutschen Freunde genießen derweil die Pyramiden, die ich auch schon im Januar gesehen habe. Der Ort drum herum ist auch sehr interessant und dorthin werde ich auch noch zurückfahren mit einem ägyptischen Führer, den ich auf der Straße kennengelernt habe.
Um 21 Uhr beginnt dann nach einer kurzen Pause das Konzert mit der Dame die ich dann auch vielfach ablichte in der Makan Bar. Die Musikrichtung nennt sich Zar, die Band heißt Mazaher.
Zar ist eine traditionelle Musik, deren Wurzeln ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Frauen singen, tanzen und trommeln und sind die Leitfiguren im Zar. Die Musik entfaltet sich nach und nach zu einem mehrrhythmischen Trommeln und Tanzen in Interaktion mit dem Publikum zu einem riesigen Ereignis. Die Sängerin, die ich fotografiere ist Umm Zameh (Mutter von Zameh) sie ist eine echte Diva und mit dem Spiel ihrer Kopfbedeckung und einem sonnigen Lachen kann sie das Publikum mitreißen und hypnotisieren.
Eigentlich bin ich nun bei dem heutigen Tag angelangt der wieder sehr sehr ereignisreich war, aber da ich jetzt einen Mordshungerhabe, schreibe ich dann morgen wieder über heute.