Donnerstag, 1. April 2010

Der Tag des Zuwachses und der Abwanderung Teil 2 (Der Versprochene)

Hier also noch der zweite Teil der letzten Tage: Meine ‚Möhrchengeberin verlässt mich für eine Woche Richtung Deutschland. Dafür kommt Besuch aus Deutschland (Der Huster und der Nießer) zudem eine Bekannte aus Athen, allerdings eine Hamburger Deern im Ursprung.
Mit der Hamburgerin besuche ich El Sawy Culture Wheel, dort gibt es eine Fotoausstellung von Asharaf Talaat ‚Point Of View‘. Bilder von Ägypten, aus Indien und Deutschland. Interessante Perspektiven ergeben sich, wenn ein Ausländer das eigene Land wahrnimmt und mit einigem Witz und einem guten Auge den Finger in Wunden legen kann. Schwarz-Weiß Fotos bekommen wir zu sehen im Culture Wheel, welches unter einem ‚Overfly‘ gelegen ist. ‚Overflies‘ sind die riesigen innerstädtischen Brücken die über große Straßenkreuzungen gehen und dem Taxi-Fahrer eine Chance bietet den Gaspedal mal voll durchzutreten. Im Kulturzentrum gibt es auch ein Theater, eine Marionettenbühne, diverse andere Ausstellungen und alles befindet sich eben unter einer Brücke. Eintritt frei.
Am Dienstag fahren wir vier Deutschen zur Alabaster Mosche, hier Mohammed Ali Mosche genannt. Das ist nicht der Mohammed Ali, der seine Gegner durch den Ring gejagt hat, allerdings wurden wir auch durch die Moschee gejagt, denn einen Schritt zurück ging es nicht. Einige schöne Stadtübersichten sind entstanden, denn an diesem Tag konnte man sehr weit schauen. Im Anschluss ist es Zeit sich zu verlaufen und bei einem Straßenhändler Kosheri zu essen. Das genießen wir sehr und es ist natürlich etwas ungewohnt aus Plastikschalen zu essen, die in einem Eimer unter dem Wagen gespült werden. Das Essen ist super und ich überlebe durchfallfrei gar das gereichte Wasser, aus einem anderen Eimer. Jetzt ist mein Magen angekommen. Kosheri ist neben den Bohnen das, was der Ägypter hier gerne und viel ist, so wie der Deutsche Pommes Schranke. Hatte ich das schon beschrieben? Nudeln, Reis, Linsen, Röstzwiebeln, Kichererbsen mit Tomatensoße die mit sehr viel Knoblauch und Kreuzkümmel gewürzt ist. Lecker!
Am Abend finden sich alle in der Makan Bar ein. Da gibt es mehrmals in der Woche Musik. Heute eine Live Truppe aus dem Sudan. Die Zuschauer sind sehr stark integriert durch hypnotisierende Trommeln und Tanz. Die Sängerin, die ich eigentlich erwartet hatte, hat sich für Morgen angekündigt und ich mache mit ihr aus, dass sie sich morgen ein wenig Zeit für ein paar Bilder nimmt. Danach enden wir im Le Bistro zu einem sehr guten Essen.
(An dieser Stelle noch ein Link nur für Anke! Damit Du mich nie vergisst! )
Der Mittwoch, gestern beginnt gemeinsam mit meinen deutschen Mitbewohnern und dem Hamburger Deern. Wir werden angeholt von einem deutschsprechenden Führer, der eine Empfehlung ist und dessen Nummer ich gerne jedem weitergebe, der einmal hier sein sollte. Wir fahren zum koptischen Kloster und alle besichtigen es, ich kenne dies schon und mache Übersichtsbilder von der ‚Müllstadt‘ die unterhalb des Klosters liegt, denn in ein paar Tagen werde ich versuchen dieses Viertel zu bereisen. Es ist nicht  ganz so einfach aber dazu dann, wenn es soweit ist. Der nächste Punkt ist dann auf meiner Liste eine Familie die das Mausoleum der Mutter des letzten Königs bewacht. Diese Familie habe ich schon im Januar fotografiert und alle freuen sich mich wieder zu sehen und noch mehr über die mitgebrachten Fotos. Hier verbringe ich meinen Tag, stöbere durch jeden Winkel, bekomme Tee, Essen und Einblick in alles. Man bot mir sogar einen Schlafplatz an. Ich lehne ab, verspreche aber zurückzukehren mit neuen Bildern und der Sohn wiederum freut sich, weil er mir weitere Bewohner der Totenstadt vorstellen möchte. Diese Totenstadt ist ein bewohnter Friedhof. Das ist nichts Außergewöhnliches hier, die Ärmsten der Armen können so eine alte Grabstätte beziehen, denn die Gruften haben zumeist Aufbauten und Wände, nicht immer eine Decke und da es schon auch Tradition hat gibt es gar eine Schule, einen Lebensmittelladen und auch ab und an Strom auf den Gräbern. Und die Toten werden dennoch in der ‚Nachbarschaft‘ beigesetzt. Meine deutschen Freunde genießen derweil die Pyramiden, die ich auch schon im Januar gesehen habe. Der Ort drum herum ist auch sehr interessant und dorthin werde ich auch noch zurückfahren mit einem ägyptischen Führer, den ich auf der Straße kennengelernt habe.
Um 21 Uhr beginnt dann nach einer kurzen Pause das Konzert mit der Dame die ich dann auch vielfach ablichte in der Makan Bar. Die Musikrichtung nennt sich Zar, die Band heißt Mazaher.
Zar ist eine traditionelle Musik, deren Wurzeln ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Frauen singen, tanzen und trommeln und sind die Leitfiguren im Zar. Die Musik entfaltet sich nach und nach zu einem mehrrhythmischen Trommeln und Tanzen in Interaktion mit dem Publikum zu einem riesigen Ereignis. Die Sängerin, die ich fotografiere ist Umm Zameh (Mutter von Zameh) sie ist eine echte Diva und mit dem Spiel ihrer Kopfbedeckung und einem sonnigen Lachen kann sie das Publikum mitreißen und hypnotisieren.
Eigentlich bin ich nun bei dem heutigen Tag angelangt der wieder sehr sehr ereignisreich war, aber da ich jetzt einen Mordshungerhabe, schreibe ich dann morgen wieder über heute.

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